Vergleichsweise warmer Herbst - was sind die Folgen für die Kulturpflanzen?

Für eine ausgewogene Bestandesarchitektur und beste Bedingungen der Kultur im Frühjahr werden bereits im Herbst die Weichen gestellt. So sollten bei jeder Kulturpflanze bestimmte Entwicklungsstadien erreicht und/oder nicht überschritten werden, um die notwendigen Voraussetzungen für den Vegetationsstart im Frühling zu schaffen. Ein entscheidender Einflussfaktor dabei: das Wetter, das dieses Jahr einige Herausforderungen mit sich brachte. 

Aus diesem Grund möchten wir uns mit den Folgen für unsere Kulturpflanzen am Feld befassen und die Frage, wie die jeweiligen Kulturen optimalerweise in den Winter starten sollten, beantworten.   

Doch lassen wir zunächst den diesjährigen Herbst Revue passieren: 

Trotz des Kälteeinbruchs im November gilt der diesjährige Herbst als zweitwärmster seit der Temperaturaufzeichnung. Das Temperaturmittel betrug 11,5 °C.  

Der September war ein sehr trockener Monat mit regionalen Starkregenereignissen. 

Der Oktober und vor allem der nasse November sorgten landesweit für Niederschlag im Überfluss.  

Insgesamt aber war der Herbst besonders zu Beginn sonnenreich, sodass die Sonnenscheindauer das Soll von 311 Stunden um rund ein Viertel überstieg.  

All diese Faktoren haben natürlich großen Einfluss auf die Entwicklung der Kulturpflanzen auf dem Feld. Bevor wir uns aber mit den Konsequenzen für diese beschäftigen, beantworten wir diese Frage:  

Wie sollten die Pflanzen in den Winter gehen, um eine Auswinterung zu vermeiden? 

Dazu schauen wir uns die Winterungen Raps, Weizen und Gerste genauer an. 

Raps 

Die Rapspflanzen sollten bis zum 10- bis 12-Blattstadium entwickelt sein und eine flachliegende Rosette bilden. Außerdem ist eine tiefreichende Pfahlwurzel mit einem Wurzeldurchmesser von 0,8 bis 1 cm anzustreben. Besonders auswinterungsgefährdet sind sehr schwache Bestände und auch solche, die deutlich überwachsen sind und bei denen der frostgefährdete Vegetationskegel zu weit aus dem Boden ragt. 

Weizen 

Für die Widerstandsfähigkeit ist auch hier das Entwicklungsstadium der Pflanzen entscheidend. Weizenbestände sind bis und ab dem 3-Blattstadium sehr frosthart und gehen so am günstigsten in den Winter. Im 3-Blattstadium aber stellt die Pflanze von Korn- auf Wurzelernährung um und ist dadurch deutlich sensibler. So können sich die Pflanzen nach Frost weniger gut regenerieren. Prinzipiell gilt eine gute Winterhärte auch für bestockte Pflanzen, denn diese verfügen mit ihren Nährstoffreserven über ein gutes Regenerationsvermögen. Ein weiterer Vorteil einer Bestockung vor dem Winter: Die Triebe, die im Herbst ausgebildet werden, sind deutlich ertragsstärker und widerstandsfähiger als die Triebe, die im Frühjahr gebildet werden. 

Gerste 

Bei der Gerste ist das Erreichen einer bestimmten Mindest-Zielbestandsdichte deutlich bedeutender und ertragsrelevanter als beim Weizen. Hier sind die im Herbst gebildeten Triebe um ein Vielfaches ertragsstärker. Daher ist eine gute Vorwinterentwicklung mit einer Bestockung bis maximal ES 25 anzustreben. Ein Überwachsen der Bestände führt allerdings auch hier zu erhöhtem Krankheitsbefall und in der Folge zu steigender Auswinterungsgefahr. 

Fazit:  

Durch vitale Pflanzen, die widerstandsfähiger und gegen Frosteinwirkungen besser geschützt sind, können Auswinterungen grundsätzlich verringert werden. 

Nach einer ausreichenden Abhärtungsphase übersteht Raps und Winterweizen Kahlfröste von -15 bis -20 °C sowie Wintergerste Temperaturen von -12 bis -15 °C. Je weiter entwickelt eine Pflanze ist, desto geringer werden diese Toleranzen. Ein Kahlfrost im März beispielsweise ist deutlich ertragsschädlicher als im Winter. 

Konsequenzen des warmen Herbsts 

Allgemein bringt ein warmer Herbst bei allen früh gesäten Kulturen die Gefahr des Überwachsens vor dem Winter mit sich. Die Gefahr der Winterhärte und dadurch ein Auswintern der Kultur steigt. 

Außerdem sind warme Temperaturen problematisch für die Gesundheit der Pflanzen. Die warm-feuchte Witterung begünstigt eine Infektion und die Ausbreitung von Krankheiten sowie virusübertragenden Insekten. 

Ein weiterer wesentlicher Aspekt sind Beikraut und Beigräser. Warme Temperaturen bedeuten zum einen eine längere Auflaufphase und zum anderen eine weitere Entwicklung von bereits aufgelaufenen Ungräsern. Das erschwert die Bekämpfung erheblich. Zudem setzt ein Teil der Landwirte bei Ihrer Herbizidstrategie für Getreide auf eine Frühjahrsbehandlung und verzichtet so auf eine Behandlung im Herbst. Sind die Unkräuter und Ungräser zu diesem Zeitpunkt aber schon relativ groß, ist die Wirkung nicht ausreichend.  

Auch die Methode zur Reduktion von Fuchsschwanz - Verschiebung des Saatzeitpunktes in Richtung kühlerer Bodentemperaturen- war teilweise ohne Erfolg. Denn die dafür notwendigen tiefen Bodentemperaturen von maximal 6 – 8 °C wurden lange überschritten, sodass der Fuchsschwanz trotz späterem Saattermin massiv auflaufen konnte. 

Neben den allgemeinen Folgen betrachten wir die Konsequenzen des warmen und niederschlagsreichen Herbstes für die jeweiligen Kulturen. Wir schauen uns also den Vorwinterverlauf von Raps, Weizen und Gerste genauer an:  

Raps 

Schon die Rapsaussaat erwies sich als problematisch. Zu Beginn erschwerten ständige Niederschläge nicht nur die Getreideernte, sondern auch das Vorbereiten der Felder für die Rapsaussaat. Die Aussaat war nur vor oder nach einer Schlechtwetterphase Ende August möglich. Darauf folgte eine Trockenperiode, sodass sich das Auflaufen des Raps verzögerte. Neben bzw. wegen der problematischen Witterung sorgten auch ein schlechtes Saatbett und Schnecken für einen lückigen und ungleichmäßigen Feldaufgang. Hinzu kamen Probleme bei der Herbizidwirkung: Trockenheit und das unzureichend feine Saatbett führten zu einer schlechten Wirkung der Bodenherbizide, sodass auf Blattmittel, die die Pflanzen sichtbar schwächen, ausgewichen worden musste. Das Resultat der eben genannten Problematiken war, dass die Bestände regional großflächig nachgesät werden mussten.

Gradtage ist die Summe der Tagestemperaturmittelwerte, die über der Mindesttemperatur liegt welche die jeweilige Kultur zum Wachstum braucht (Getreide z.B. >5 °).

Folgendes Problem entsteht dabei: Raps braucht etwa 800 – 900 °C-Tage von Aussaat bis Jahresende, um ausreichend weit entwickelt in den Winter zu gehen. Bis Vegetationsende benötigt der Winterraps deshalb normalerweise 100 bis 110 Vegetationstage. Durch das spätere Auflaufen und der relativ früh eintretenden Vegetationsruhe Mitte November verkürzen sich die Vegetationstage und der Raps verliert wertvolle Zeit, sodass er möglicherweise bis Ende des Jahres die nötige Temperatursumme nicht erreichen kann. Dieses Risiko bestand durch das verspätete, ungleichmäßige Auflaufen und das Nachsäen einiger Bestände.

Dank des warmen Herbstes konnten sich die Rapsbestände trotz des verzögerten Auflaufens und der früh eintretenden Vegetationsruhe sehr gut und vor allem zügig entwickeln – fast schon zu gut. Die Gefahr des Überwachsens und des Streckens der Sprossachse war groß. Die Landwirte waren meist gezwungen, ihre Bestände einzukürzen. Ziel dieser Fungizidmaßnahme ist das Einkürzen des Sprosses und die Verhinderung des Überwachsens. Weitere positive Effekte der Maßnahme sind das Bekämpfen von Cylindrosporium, das Aufheben der Konkurrenz zwischen Blattbildung und Anlage der Blattachselknospen, die Reduktion des Wassergehalts in der Pflanze für verbesserte Frosthärte und die verstärkte Wurzel- und Wurzelhaarausbildung.

Vegetationsruhe definiert den Zeitraum des Jahres, in dem die Pflanzen photo­synthetisch weitestgehend inaktiv sind, d.h. keinerlei Wachstum, Blühaktivität oder Fruchtbildung zeigen. Liegt das Tagesmittel der Bodentemperatur unter 5 °C, beginnt die Vegetationsruhe.

Weizen

Generell kann man sagen, dass die insgesamt wärmeren Temperaturen für den Weizen selbst und seine Entwicklung kein Problem war.

Allerdings „startete“ durch den späteren Aussaattermin des Weizens die Weizenaussaat häufig pünktlich mit Beginn der schlechten Wetterphase. Teilweise waren die Bedingungen für die Aussaat deutlich zu nass, dementsprechend entwickelten sich die Bestände aufgrund von Verdichtung bei der Saat und Staunässe schlecht. Ein Großteil der geplanten Weizenflächen konnte auch bis zum Beginn der Vegetationsruhe überhaupt nicht eingesät werden.

Hierfür und auch für die schlechten, umzubrechenden Bestände, wird nun nach Alternativen gesucht. Als mögliche Alternative bietet sich der Anbau von Sommerweizen, Sommer-/Herbstgerste, Ackerbohnen, Erbsen, Mais, Sonnenblumen oder Soja an. Mit letzteren kann auch auf Flächen, die im Frühjahr noch längere Zeit feucht sind, eine halbwegs rentable Kultur angebaut werden. Auf Flächen, die früher befahren werden können, sind dagegen Sommerweizen und Sommergerste eine gute Lösung. Um möglichst hohe Erträge zu erzielen, sollten diese möglichst früh oder sogar noch im Winter (Herbstgerste) ausgesät werden.

Als Herbstgerste wird oftmals im Herbst oder Winter gesäte Sommergerste bezeichnet. Viele Sommergerstensorten überstehen die bei uns üblichen winterlichen Temperaturen ohne abzufrieren und starten so mit einem Vegetationsvorteil. Höhere Erträge und früherer Erntezeitpunkt sind die wichtigsten Vorteile die der höheren Auswinterungsgefahr gegenüberstehen.

Gerste

Auch bei der Gerste ist das Hauptproblem - ähnlich wie bei Raps - die Gefahr des Überwachsens. Ist sie zu groß, wintert sie zu stark aus. Zusätzlich steigt die Gefahr für potenzielle Krankheiten und der Einsatz leistungsstarker Fungizide im zeitigen Frühjahr nimmt zu.

Fazit:

Zusammenfassend kann man sagen, dass die höheren Temperaturen im Herbst mit einem höheren Pflanzenschutzmittelbedarf im Herbst und wahrscheinlich auch im Frühjahr einhergehen: Einkürzen des Rapses, vermehrtes Auftreten und somit Bekämpfen von Krankheiten, Bekämpfung von Unkräutern etc.

Ausblick absätziges Verfahren

Betrachtet man die Witterung mit ihren Temperaturen und Niederschlägen ganz grundsätzlich, so wird deutlich, dass wir uns immer mehr mit Extremwetterbedingungen beschäftigen müssen. Auf lange Trockenperioden folgen längere Regenphasen und umgekehrt. Je extremer die Bedingungen sind, desto wichtiger ist die Auswahl und Abstimmung von Bearbeitungs- und Sätechnik. Das war auch in diesem Jahr das A und O für einen gleichmäßigen Feldaufgang und eine gute Bestandesentwicklung.

Besonders in Jahren mit extremen Bedingungen bietet das abgesetzte Verfahren eine gute Lösung:

Unter dem abgesetzten Verfahren versteht man die Trennung von Saatbettbereitung und Aussaat. Das abgesetzte Säen (Sätechnik ohne integrierte Vorwerkzeuge) erlaubt es, das Timing der Vorarbeit gesondert zu bestimmen und durch die Auswahl der Saatbettbereitungstechnik, z.B. HORSCH Joker, HORSCH Cruiser, individuell auf sehr nasse oder extrem trockene Bedingungen zu reagieren.

Durch die Trennung wird auch ein längeres Abtrocknen der Böden nach Niederschlägen und so ein längeres Säzeitfenster unter nassen Bedingungen erreicht. „Für die Bodenbearbeitung haben wir immer etwas zeitlichen Spielraum. Für die Aussaat ist der ideale Zeitpunkt entscheidend.“

Für dieses Verfahren kommen beispielsweise die HORSCH Serto oder die HORSCH Taro SL zum Einsatz, die aufgrund ihrer Leichtzügigkeit bei der folgenden, zeitlich flexibleren Aussaat auch leichtere Traktoren erlauben.