AgroVation

Maschinenbau und Landwirtschaft – Die Familie Horsch betreibt auf zwei Betrieben in der Tschechischen Republik auf insgesamt 6.000 Hektar zukunftsorientierten Ackerbau. Dabei werden auf der ständigen Suche nach Effizienzsteigerung auch komplett neue Wege gegangen. Hier ein Interview aus unserer Zeitschrift terraHORSCH mit Michael Horsch ("Das ist der Wahnsinn" Seite 20) darüber.

„Bombastisch“, „Wahnsinn“, „gigantisch“ – wenn Michael Horsch über die Ernte 2013 auf dem Betrieb AgroVation in der Tschechischen Republik erzählt, gerät er ins Schwärmen. Dabei waren die Voraussetzungen alles andere als gut. Nach wochenlanger Hitze fielen an einem Tag Ende Juli innerhalb von nur zehn Minuten 80 Millimeter Regen. Dazu kam starker Wind mit Orkanböen und 80 Prozent des Raps-, Weizen- und teilweise des Maisbestandes lagen „flach“. Dass die Ernte nicht zur Schlammschlacht wurde, hat für ihn zwei Gründe: Controlled Traffic Farming (CTF) und der konsequente Einsatz von Raupenlaufwerken. Bessere Voraussetzungen für CTF könnte man sich nicht wünschen!

terraHORSCH: Herr Horsch, wie weit sind Sie mit der Umstellung auf CTF?

Michael Horsch: Umstellen ist der falsche Begriff. AgroVation wird auf CTF eingestellt. Leider konnten wir  das noch nicht zu 100 Prozent umsetzen, weil wir die Flächen in einem sehr schlechten Zustand vor einem Jahr übernommen haben und diese extrem unebenen, stark verdichteten Felder erst saniert werden müssen: Bäume und Hecken waren nicht ausgeschnitten, Drainagen verstopft und es gibt viele Wasserlöcher.

terraHORSCH: Trotzdem war CTF für Sie der wesentliche Faktor für eine erfolgreiche Ernte 2013?

Michael Horsch: Auf jeden Fall. Dazu kommen aber noch andere Dinge: Erstens hat unser Geschäftsführer Christoph Foth in Sachen Bestandsführung ein sehr gutes Händchen bewiesen, zweitens setzen wir konsequent auf Raupenlaufwerke und drittens arbeiten wir ausschließlich mit einer Spurweite von drei Metern bei zwölf Meter Schneidwerksbreite.

terraHORSCH: Wie lief die Ernte genau ab?

Michael Horsch: Ich war selber während drei Wochen die meiste Zeit vor Ort. Zunächst hat uns bei Raps der extrem nasse Boden zu schaffen gemacht. Wir haben mit zwei eigenen Mähdreschern Claas Lexion 780 geerntet. Bei einem hat uns Claas versuchsweise das Abtankrohr auf zwölf Meter verlängert. So konnte auch der Überladewagen genau auf 12-Meter-Spur fahren. Es war uns von vornherein klar, dass das Rohr hinten sehr weit heraussteht und der Schneidwerkswagen separat transportiert werden muss.  Außerdem mussten die Fahrer beim Wenden sehr vorsichtig sein. Es hat aber sehr gut funktioniert. Am zweiten Drescher haben wir selbst ein verlängertes Rohr angebaut, das jedes Mal mit ein- und ausklappt. Bei diesem ging uns während der Weizenernte allerdings eine Kupplung kaputt. Diese Verlängerung ist bereits umkonstruiert. Ansonsten hatten wir beim Weizen neben starkem Lager unter anderem damit zu kämpfen, dass durch den nassen Boden die Pflanze mitsamt der Wurzel ins Schneidwerk hineingezogen wurde. Es war ein nervenaufreibender Stop-and-Go-Betrieb mit ständigem Absteigen, um die Erde aus dem Schneidwerk zu putzen. Für die Maisernte haben wir von Geringhoff einen 16-reihigen Pflücker Horizon Star II bekommen. Wir wollen mit Autokontur eine Stoppellänge von maximal zehn Zentimetern und alles andere auf maximal zehn Zentimeter Länge in einem Arbeitsgang häckseln. Um Fusiarienprobleme bei Weizen nach Mais weitestgehend zu vermeiden, darf man beim Zerkleinern von Stroh und Stoppel keine Kompromisse machen. Nachhäckseln nützt hier nichts, da durch die Radspuren von Mähdrescher und Umladewagen ein großer Teil der Stoppeln und Stängel bereits unerreichbar in den Boden gedrückt wurde. Das geht nur bei einer Geschwindigkeit von 5 km/h und mit Raupe auf dem Mähdrescher und mit 16 Reihen bzw 12 Metern kann man da immer noch 120 bis 140 Tonnen pro Stunde Mais ernten. Wenn man das Gespann laufen sieht, dann kommt richtig Freude auf. Der Pflücker braucht bei gutem Mais geschätzte 250 PS und das ist es wert, wenn man die Arbeitsqualität sieht. Die Tiefenführung muß noch etwas optimiert werden: Will man bei 12 m auf 10 cm runter, gibt es bei der Bodenabtastung und Regelung noch Verfeinerungspotential. Geringhoff hat auch schon Lösungen dafür.

terraHORSCH: Wie haben sich die Raupen bewährt?

Michael Horsch: Gigantisch. Es ist absoluter Wahnsinn zu sehen, wie alles in einer Spur abläuft. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen. Einen direkten Vergleich hatten wir, als ein Lohnunternehmer mit Mähdrescher und Überladewagen bei uns gearbeitet hat: diese Äcker haben danach wie nach einem Krieg ausgesehen. Wir sind da sehr konsequent: Auf AgroVation laufen ausschließlich Raupenschlepper – einen dritten großen haben wir 2013 noch angeschafft – die Mähdrescher haben Raupenlaufwerke mit Allrad und im nächsten Jahr möchte ich auch Gülle und Mist per CTF und Raupe ausbringen. Es wird auch einen neuen CTF-Düngerstreuer mit Raupe und Rauch-Komponenten geben. Sicherlich, bei drei Meter Spur ist vor allem das Umsetzen auf der Straße ein Nachteil, aber dies ließe sich durch teleskopierbare Laufwerke lösen. Insgesamt war der „Raupeneffekt“ sehr gut zu sehen: Wenig Fahrspuren, die nur von oben verdichtet sind und ab 15 Zentimeter unten eine intakte gute Struktur hinterlassen. Die Vorteile der Raupe sind trotz des höheren Zugkraftbedarfs einfach genial. 

terraHORSCH: Gibt es für CTF, die Raupenschlepper einmal ausgenommen, Maschinen am Markt?

Michael Horsch: Kaum, aber was wir nicht kaufen können, bauen wir uns selber.

terraHORSCH: Sehen Sie für diese Eigenkonstruktionen eine Chance der Vermarktung?

Michael Horsch: Das interessiert mich dabei wenig. Wenn wir bei jeder neuen Idee nur ans Geschäft denken würden, würden 80 Prozent der Ideen gar nicht realisiert! Wir entwickeln erst Ideen, testen auf unseren Betrieben, ob sie sich bewähren, und entscheiden erst später über eine mögliche Vermarktung.

terraHORSCH: Wie waren die Erträge?

Michael Horsch: Für das erste Jahr: wesentlich besser als erwartet. Wir haben über vier Tonnen Raps geerntet, wobei ich schätze, dass wir bedingt durch den starken Regen bestimmt eine halbe Tonne Verluste hatten. Den Weizen konnten wir noch nicht komplett verwiegen, es waren aber um die neun Tonnen. Mais war auch ganz gut und dürfte zwischen zehn und elf Tonnen liegen. Die Ernte ist noch nicht ganz abgeschlossen, da unsere neue Siloanlage mit Trocknung noch nicht ganz fertig ist. Wir konnten nach einem langwierigen Genehmigungsverfahren erst im August mit dem Bau beginnen. So mussten wir den Körnermais größtenteils nass verkaufen oder im Lohn trocknen lassen – das kostet Marge.

terraHORSCH: Bei unserem letzten Besuch konnten wir einen PT 330-Selbstfahrer sehen. Hatten Sie die Maschine sonst noch im Einsatz?

Michael Horsch: Dieser Ur-Prototyp war während der gesamten Saison die einzige Pflanzenschutzspritze auf dem Betrieb. Trotz vieler Umbauten hat der PT 330 die gut 3.000 Hektar Acker ganz alleine gemacht. Und das alles mit 20 bis 30 km/h im Feld.

terraHORSCH: Was machen die beiden anderen Betriebszweige, die Apfelplantagen und der Milchviehstall?

Michael Horsch: Beides läuft noch nicht ganz rund. Bei den Bio-Äpfeln hatten wir wegen des vielen Regens große Verluste durch Schädlinge, die wir durch den Bio-Status nicht richtig bekämpfen konnten. Wir arbeiten zwar inzwischen mit einem Obst-Spezialisten aus Dresden zusammen, was gut funktioniert, konnten aber 2013 kaum Tafelobst, sondern fast nur Verarbeitungsware vermarkten. Im Milchviehstall hatten wir viel Wechsel bei Personal und Management. Investiert haben wir in vier Güllebehälter aus Edelstahl mit einem Fassungsvermögen von 8.000 Kubikmeter und eine neue Fahrsiloanlage.

terraHORSCH: Ihr Fazit?

Michael Horsch: CTF mit Drei-Meter-Spur auf Raupen ist für mich ein unumkehrbarer Weg. Es war ein Traum zu sehen, wie das alles bei extrem nassen Bodenverhältnissen funktioniert. Wir werden jetzt noch stärker dieses Verfahren CTF umsetzen, auch wenn noch vieles ungelöst ist. Schön ist, dass dieses Thema vor allem bei jungen Landwirten auf der ganzen Welt auf großes Interesse stößt.

Ganz generell: Wir sind zufrieden. Es hat sich viel getan:  Unser Geschäftsführer, Christoph Foth, hat  sehr viel verändert und gebaut. Es wurden ca. 500 Meter Gebäude abgerissen, eine 12.000 Tonnen Siloanlage mit 10 MW Trocknung gebaut und Immobilien verkauft. Aus ehemals ca. 80 Mitarbeitern wurde – sozialverträglich – ein neues Team von etwa 30 Personen geschmiedet (ca. 10 Personen für den Ackerbau). Im Kuhstall wurde ein 10.000 Tonnen Fahrsilo gebaut sowie ein 8.000 m³ Güllelager mit Separierung und noch einiges mehr. Jetzt geben die Kühe richtig Milch!

Auch dieses Jahr war ich wieder eine gute Woche bei der Maisaussaat dabei. Bei AgroVation möchten wir natürlich alles nutzen, was heute elektronisch möglich ist, wie z.B. Section Control, Variable Rate, Auto-Track, Implement Steer, Telemetrie – und das im Isobus-Verbund von drei Welten: John Deere, Trimble und HORSCH. Rein theoretisch sollte das funktionieren. In der Praxis hatten wir jedoch wieder mehrere „Supergaus“. Und das wie so oft ab zehn Uhr abends und an den Wochenenden.

Hier mal ein Beispiel: Wir hatten gerade das Feld gewechselt. Die Maschine wurde ausgeklappt und in Arbeitsposition aufgestellt. Der Computer fuhr hoch, das GPS-Signal wurde gesendet und alle Systeme sollten sich anmelden - Standardvorgänge, die etwa fünf Minuten in Anspruch nehmen. Aber dann war das GPS-Signal nicht zu finden. Ich sprach mit den Traktoristen, die die Systeme sehr gut kennen, und wir haben diskutiert, woran es liegen könnte, kamen aber zu keiner Erkenntnis. Also fingen wir noch einmal von vorne an. Das Ergebnis war wieder die gleiche Fehlermeldung. Ziemlich genervt begannen wir dann mit einem Notfallprogramm: wir schalteten den Traktor ab, fuhren alle Systeme herunter und zogen alle Stecker. Nach einer kurzen Wartezeit steckten wir alles wieder zusammen und fuhren die Systeme erneut hoch. Eine knappe halbe Stunde waren wir also nur mit einer ergebnislosen Fehlersuche und dem genervten Versuch einer Fehlerbehebung beschäftigt – und das mitten in der Nacht.

Je nachdem, wie die Fahrer mit solchen Situationen umgehen können, schwankt die Produktivität. Erschwerend kamen die Osterfeiertage dazu, wo kaum ein Firmenvertreter erreichbar war, der helfen konnte. Da frage ich mich wirklich: Was muten wir als Hersteller unseren Kunden eigentlich zu? Leider kann ich alleine nichts dagegen machen. Ich würde mir aber wünschen, so manch anderer Hersteller würde das, was ich in Tschechien erlebe, auch einmal mitmachen.

AgroVation k.s.

Nádražní 114, 294 02 Kněžmost
ičo 24313246
www.agrovation.com