Sauerstoff ist nicht nur für die Atmung von Lebewesen unentbehrlich, sondern spielt auch für den Boden und das Pflanzenwachstum eine zentrale Rolle. Ein optimal zusammengesetzter Boden besteht aus etwa 45 % festen Bestandteilen, 7 % organischem Material, 23 % Wasser und 25 % Luft (ca. 79 % N; 20,5 % O2; < 1 % CO2). Diese Zusammensetzung stellt sicher, dass die Pflanzenwurzeln ausreichend Sauerstoff für die verschiedenen metabolischen Prozesse (oxidative Phosphorylierung, Energieproduktion, Wurzelatmung, ...) erhalten.
Doch was passiert, wenn dieses Gleichgewicht ins Wanken kommt? Bevor wir uns dieser Frage widmen, wollen wir zunächst klären, welche Rolle Sauerstoff für Boden, Wurzeln und Pflanzen spielt.
Sauerstoff ist für eine ausreichende Durchführung aerober (= sauerstoffreicher) Stoffwechselvorgänge verantwortlich:
Bodenbakterien, Aktinomyceten und Pilze zersetzen dabei organisches Material und stellen einen Teil der darin gebundenen Nährstoffe den nachfolgenden Pflanzen wieder zur Verfügung. Dabei wird Humus aufgebaut, aber u.a. auch CO2 freigesetzt. Zur groben Einordnung kann man sagen, dass ca. 70 % des aus dem Boden emittierten CO2 durch mikrobielle Umsetzung entstehen und somit eines der Endprodukte des aeroben Stoffwechsels sind.
Für die aerobe Umsetzung von organischem Material ist mitunter die Luftleitfähigkeit entscheidend. Sie beeinflusst die Sauerstoffkonzentration in der Tiefe und ist von der Bodenart abhängig. Im Gegensatz zu Sandböden mit hohem Grobporenanteil weisen Böden mit zunehmendem Tonanteil in tieferen Schichten eine geringere Luftleitfähigkeit auf. Während bei Sandböden aerobe Bakterien noch bis in 25 cm effektiv arbeiten, wird bei tonhaltigen Böden organisches Material nur noch bis ca. 15 cm erfolgreich umgesetzt. Je tonhaltiger der Boden ist, desto weniger tief sollten organische Substanzen eingearbeitet werden, denn nach unten hin wird “die Luft dünn”.
Auch bei der Zellatmung spielt Sauerstoff eine wesentliche Rolle:
Während der Blattapparat über die Photosynthese Sauerstoff produziert und CO2 bindet, müssen Wurzeln aufgrund des fehlenden Sonnenlichts ihre Energie u.a. über den umgekehrten Weg gewinnen. Dabei wird Sauerstoff aufgenommen und CO2 abgegeben. Durch Diffusion, Luftbewegung und Niederschlag aus der Atmosphäre wird ständig neuer Sauerstoff nachgeliefert und in den Boden transportiert. Im Gegensatz zur Photosynthese findet die Zellatmung auch nachts statt.
Gleichzeitig wird durch die Abgabe von CO2 der Bereich um die Wurzelspitzen angesäuert und Kohlensäure gebildet, was wiederum zu einer besseren Freisetzung und Ablösung von Nährstoffen aus den Ton- und Humuskomplexen führt.
Diese Beispiele zeigen, dass Sauerstoff als wesentlicher Player vieler Prozesse gesehen werden kann. Doch was passiert, „wenn die Luft wegbleibt“?
Im Falle von Sauerstoffmangel spricht man von einer Hypoxie. Sie tritt auf, wenn der Sauerstoffgehalt im Wurzelbereich oder im Boden stark reduziert ist.
Mögliche Ursachen sind:
Staunassen Bedingungen, ein sehr dichtes und feinporenreiches Bodengefüge oder eine verkrustete Bodenoberfläche hemmen jedoch den Gasaustausch und verhindern so die Versorgung des Bodens mit Sauerstoff.
So vielfältig die Ursachen sind, so vielfältig sind auch die Folgen.
Die Auswirkungen von Sauerstoffmangel auf die mikrobiologische Aktivität, die Nährstoffaufnahme sowie auf das Pflanzen- und Wurzelwachstum beschreiben wir im zweiten Teil des Blogartikels.