Bedeutung von Sauerstoff für Boden und Pflanzen (Teil 1)

Erstellt von Josef Stangl, HORSCH Maschinen GmbH

Sauerstoff ist nicht nur für die Atmung von Lebe­wesen unentbehrlich, sondern spielt auch für den Boden und das Pflanzen­wachstum eine zentrale Rolle. Ein optimal zusammen­gesetzter Boden besteht aus etwa 45 % festen Bestand­teilen, 7 % organischem Material, 23 % Wasser und 25 % Luft (ca. 79 % N; 20,5 % O2; < 1 % CO2). Diese Zusammen­setzung stellt sicher, dass die Pflanzen­wurzeln ausreichend Sauer­stoff für die verschiedenen metabo­lischen Prozesse (oxidative Phospho­rylierung, Energie­produktion, Wurzel­atmung, ...) erhalten. 

Doch was passiert, wenn dieses Gleich­gewicht ins Wanken kommt? Bevor wir uns dieser Frage widmen, wollen wir zunächst klären, welche Rolle Sauer­stoff für Boden, Wurzeln und Pflanzen spielt. 

Wichtiger „Player“ für Nährstoff­verfüg­barkeit und Pflanzen­entwicklung

Sauerstoff ist für eine ausreichende Durch­führung aerober (= sauer­stoff­reicher) Stoff­wechsel­vorgänge verantwortlich: 

Bodenbakterien, Aktinomyceten und Pilze zersetzen dabei organisches Material und stellen einen Teil der darin gebundenen Nährstoffe den nach­folgenden Pflanzen wieder zur Verfügung. Dabei wird Humus aufgebaut, aber u.a. auch CO2 frei­gesetzt. Zur groben Einordnung kann man sagen, dass ca. 70 % des aus dem Boden emittierten CO2 durch mikrobielle Umsetzung entstehen und somit eines der Endprodukte des aeroben Stoff­wechsels sind. 

Für die aerobe Umsetzung von organischem Material ist mitunter die Luftleit­fähigkeit entscheidend. Sie beeinflusst die Sauerstoff­konzentration in der Tiefe und ist von der Bodenart abhängig. Im Gegensatz zu Sandböden mit hohem Grob­poren­anteil weisen Böden mit zunehmendem Ton­anteil in tieferen Schichten eine geringere Luft­leit­fähigkeit auf. Während bei Sandböden aerobe Bakterien noch bis in 25 cm effektiv arbeiten, wird bei ton­haltigen Böden organisches Material nur noch bis ca. 15 cm erfolgreich umgesetzt. Je tonhaltiger der Boden ist, desto weniger tief sollten organische Substanzen eingearbeitet werden, denn nach unten hin wird “die Luft dünn”. 

Auch bei der Zell­atmung spielt Sauer­stoff eine wesentliche Rolle:

Während der Blatt­apparat über die Photo­synthese Sauer­stoff produziert und CO2 bindet, müssen Wurzeln aufgrund des fehlenden Sonnen­lichts ihre Energie u.a. über den umgekehrten Weg gewinnen. Dabei wird Sauer­stoff aufgenommen und CO2 abgegeben. Durch Diffusion, Luft­bewegung und Niederschlag aus der Atmosphäre wird ständig neuer Sauer­stoff nach­geliefert und in den Boden transportiert. Im Gegensatz zur Photo­synthese findet die Zellatmung auch nachts statt. 

Gleichzeitig wird durch die Abgabe von CO2 der Bereich um die Wurzel­spitzen angesäuert und Kohlen­säure gebildet, was wiederum zu einer besseren Frei­setzung und Ablösung von Nährstoffen aus den Ton- und Humus­komplexen führt. 

Diese Beispiele zeigen, dass Sauer­stoff als wesentlicher Player vieler Prozesse gesehen werden kann. Doch was passiert, „wenn die Luft wegbleibt“?

Hypoxie: Ursachen für den Sauer­stoff­mangel im Boden 

Im Falle von Sauer­stoff­mangel spricht man von einer Hypoxie. Sie tritt auf, wenn der Sauer­stoff­gehalt im Wurzel­bereich oder im Boden stark reduziert ist.   

Mögliche Ursachen sind:

  • Überschüssiges Wasser: Da der Luft- und Wasser­gehalt im Boden komplementär sind, bedeutet dies, dass bei hohem Wasser­gehalt im Poren­volumen wenig Luft enthalten ist und umgekehrt. Überschwemmung oder stark wasser­gesättigte Böden bedeuten daher immer auch Sauer­stoff­mangel.  
  • Hemmung des Gasaustausches: Die Boden­durchlüftung und damit die Versorgung des Bodens mit frischer Luft wird durch den an der Boden­oberfläche statt­findenden Gasaustausch zwischen Boden­luft und oberirdischer Atmosphäre ermöglicht. Dieser Gasaustausch ergibt sich aus den unterschiedlichen Partialdrücken von Kohlen­stoff­dioxid CO2 (im Boden z.B. durch Atmungs­prozesse der Boden­organismen oder Wurzeln höher konzentriert als in der Luft) und Sauer­stoff O2 (in der Atmosphäre höher konzentriert ist) zustande.  

Staunassen Bedingungen, ein sehr dichtes und feinporen­reiches Boden­gefüge oder eine verkrustete Boden­oberfläche hemmen jedoch den Gasaustausch und verhindern so die Versorgung des Bodens mit Sauerstoff.  

  • Bodenverdichtungen: Kommt es zu Verdichtungen im Boden, kann dieser nur schwer Wasser aufnehmen und ableiten. Es kommt zum Abschluss der unteren Boden­schichten und zu Stauwasser im oben­liegenden Teil. Das Wasser verdrängt die in den Poren vorhandene Luft und es kommt zu Sauer­stoff­mangel. Gleiches geschieht bei Pflug­sohlen bzw. Störschichten 

So vielfältig die Ursachen sind, so vielfältig sind auch die Folgen. 

Die Auswirkungen von Sauerstoff­mangel auf die mikro­biologische Aktivität, die Nährstoff­aufnahme sowie auf das Pflanzen- und Wurzel­wachstum beschreiben wir im zweiten Teil des Blogartikels.