Im ersten Teil zeigen wir, welche Rolle Sauerstoff für Boden, Wurzeln und Pflanzen spielt, und beschreiben mögliche Ursachen für einen Sauerstoffmangel (=Hypoxie). Jetzt gilt es, die Auswirkungen auf verschiedene Mechanismen und letztendlich auf den Ertrag zu verstehen.
Bei Sauerstoffmangel nimmt die biologische Aktivität im Boden stark ab. Grund dafür sind die strikt aerob nitrifizierenden Mikroorganismen (Nitrifizierer). Sie benötigen für ihre Aktivität zwingend den im Bodenwasser gelösten Sauerstoff und nehmen deshalb bei O2 Mangel ab. Zudem wird in Abhängigkeit von pH-Wert und Temperatur des Bodens die Nitrifikation von Ammonium zu pflanzenverfügbarem Nitrat gehemmt und es kann zur Ausgasung von NH3 kommen.
Dem stehen denitrifizierenden Mikroorganismen gegenüber, die auch unter anaeroben Bedingungen (bei Sauerstoffmangel) wachsen. In wassergesättigten Böden mit geringem Gehalt an gelöstem Sauerstoff und verlangsamter Diffusion kommt es daher zum Ablauf der Denitrifikation. Bei diesem Prozess wird u.a. der im Nitrat gebundene Stickstoff in molekularen Stickstoff (N2) umgewandelt und ist somit für die meisten Lebewesen als Nährstoff nicht mehr nutzbar.
Darüber hinaus liegen bei Sauerstoffmangel infolge hoher Wassersättigung die mobilen Nährstoffe verdünnt im Bodenwasser vor, so dass die Konzentration an Nährelementen rapide abnimmt. Die Pflanze muss also deutlich mehr Wasser aufnehmen, um die gleiche Menge an Nährstoffen zu erhalten, verdunstet aber in dieser Konstellation meist weniger Wasser, wodurch die „Pumpenleistung“ sinkt.
Unter anaeroben (= sauerstoffarmen) Bedingungen können aber auch die Abbau- und Umwandlungsprozesse von organischem Material zu Humus nicht ausreichend ablaufen, es entstehen dann Methan oder auch vermehrt Lachgase, die als Treibhausgase deutlich schädlicher sind als das CO2.
Wird durch Sauerstoffmangel der Elektronenfluss verändert, liegen die essenziellen Pflanzennährstoffe in reduzierter (= durch Elektronenaufnahme geänderter) Form vor:
Apropos Wurzeln. Auch die Wurzeln leiden unter Sauerstoffmangel z.B. durch zu nasse Bedingungen. Im Extremfall kommt die Wurzelneubildung gänzlich zum Erliegen. Hinzu kommt, dass bereits unter feuchten bis nassen Bedingungen (“kein Suchen nach Wasser notwendig”) die Wurzelneubildung abnimmt, da kein ausgeprägtes tiefreichendes Wurzelsystem benötigt wird.
Unter staunassen Bedingungen wird zudem der Luftsauerstoff aus den Grobporen durch Wasser mit deutlich geringerer O2-Konzentration verdrängt. Die Diffusion von Sauerstoff zum Wurzelsystem wird dann zum limitierenden Faktor und das Pflanzenwachstum stagniert.
All diese Faktoren haben einen direkten Einfluss auf die Entwicklung von Kulturen, verursachen zudem aber auch massiven Stress im Organismus der Pflanzen. Doch was genau passiert unter diesen Stressbedingungen in der Pflanze?
Der Sauerstoffmangel wird in der Pflanze durch spezielle Eiweiße wahrgenommen und es werden überlebensnotwendige Zellreaktionen ausgelöst:
Außerdem wird unter Stressbedingungen vermehrt Ethylen gebildet, ein Pflanzenhormon, das physiologische Prozesse wie Keimung, Zellstreckung und Fruchtreife reguliert. Ein erhöhter Ethylengehalt fördert demnach die Abreife, d.h. die Pflanze will schneller zum Ende kommen und retten was da ist. Sie wird schließlich notreif oder stirbt ab.
Verschiedene Kulturen können mit Sauerstoffmangel und hohen CO2-Gehalten im Boden unterschiedlich gut umgehen. Die Spezialisten sind im Moor und an Gewässern angesiedelt. Sie können auch bei geringem Sauerstoffgehalt noch ausreichend Nährstoffe (v.a. Stickstoff) aufnehmen. Wintergerste reagiert dagegen stark auf Staunässe mit Gelbfärbung im Herbst und Winter. Weizen und auch Raps vertragen z.B. mit höheren CO2-Konzentrationen vergleichsweise besser.
Quellen:
https://mediatum.ub.tum.de/doc/603669/603669.pdf
https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z/hypoxie
https://www.agrarheute.com/pflanze/pflanzen-ersticken-diese-schaeden-verursacht-staunaesse-aeckern-615028
https://www.mpg.de/4982054/pflanzen-sauerstoff
Bodenluft - Definition, Zusammensetzung, Kapazität - Geographie (geohilfe.de)
https://www.hans-chem.com/de/die-vorteile-und-bedeutung-von-sauerstoff-fur-die-pflanzenproduktivitat/
https://mediatum.ub.tum.de/doc/603669/603669.pdf
https://osnadocs.ub.uni-osnabrueck.de/bitstream/urn:nbn:de:gbv:700-2015021613074/1/thesis_hotopp.pdf
https://hypersoil.uni-muenster.de/0/03/05.htm
https://ooe.lko.at/bodenfruchtbarkeit-teil-3-st%C3%B6rungen-der-bodenfruchtbarkeit+2400+3554782